Der faule Deal zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftskammer
„Die Sozialpartner haben sich auf ein neues Arbeitszeitgesetz geeinigt. Gewinner der Reform sind die 720.000 Teilzeitarbeiter, die künftig Überstundenzuschläge erhalten.“[1] Mit diesen Sätzen leitete „Die Presse“ ihren Leitartikel über die am Vortag vereinbarten neuen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) ein. Damit wurde der Jargon des Gewerkschafts-Bürokraten und ÖGB-Präsidenten Rudolf Hundstorfer übernommen, der zusammen mit der Wirtschaftskammer die neuen Regelungen ausverhandelt hat. Denn auch er schwärmt von den neuen Regelungen und verkauft die Änderungen den Lohnabhängigen als Gewinn: „Wir haben mit unserem Vorschlag eine Win-Win-Situation geschaffen. Mit dem Zuschlag von Mehrarbeit für Teilzeitbeschäftigte wurde vor allem für Frauen ein Meilenstein gesetzt."[2] In Wirklichkeit handelt es sich aber keineswegs um reale Verbesserungen für Lohnabhängige. Sowohl die bürgerliche Presse als auch die Gewerkschaft versuchen diese Vereinbarung besser aussehen zu lassen als sie wirklich ist.
Es wurde vereinbart, dass künftig auch Teilzeitkräfte Überstundenzuschläge erhalten. Das heißt, arbeitet man länger als vereinbart bekommt man einen 25%igen Zuschlag für die jeweilige Arbeitsstunde. Bis jetzt konnte man sich die geleistete Mehrarbeit nur als Zeitausgleich abgelten lassen. Doch diese Verbesserung für TeilzeitarbeitnehmerInnen sind noch zu relativieren, da TeilzeitarbeitnehmerInnen nur einen Anspruch auf Überstundenzuschläge haben, wenn die geleistete Mehrarbeit nicht innerhalb von drei Monaten als Zeitausgleich abgegolten wird. In den meisten Fällen, wird es also keine Überstundenzuschläge für TeilzeitarbeitnehmerInnen geben, waren doch die zuschlagsfreien Überstunden bisher immer ein wichtiger Grund für die Bosse Teilzeitkräfte einzustellen.
Doch dieser kleinen Verbesserung für TeilzeitarbeitnehmerInnen stehen massive Verschlechterungen jener ArbeitnehmerInnen gegenüber, die über die volle Arbeitszeit beschäftigt sind. Die Normalarbeitszeit von bisher 40 Stunden, d.h. 8 Stunden pro Tag, wurde nun auf 10 Stunden pro Tag angehoben. Dies bedeutet sowohl längere Arbeitszeiten als auch weniger Geld, da bis jetzt Überstunden für die Mehrarbeit ausgezahlt wurden. Ab nun muss man zwar länger in der Arbeit bleiben, hat aber keinen Anspruch auf Überstundenzuschläge, da 10 Stunden ab jetzt als Normalarbeitszeit gelten! Auch für Frauen ist dies eine massive Schlechterstellung. Auch wenn uns Hundstorfer einreden möchte, dass dies ein Meilenstein für Frauen ist, so verschweigt er, dass dies die Möglichkeiten für Frauen als Vollzeitbeschäftigte weiter verschlechtert. Immerhin sind von allen beschäftigten Frauen „nur“ 31,4% Teilzeit beschäftigt (Stand 2005)[3]. Jener andere Teil der beschäftigten Frauen hat es nun noch schwerer. Neben Hausarbeit und Kinderbetreuung noch jeden Tag 10 Stunden arbeiten ist kaum möglich, gerade auch deswegen, weil es nicht genug staatlich geförderte Kinderbetreuungsstätten gibt und eine private Betreuung für die Meisten kaum leistbar ist.
Doch damit noch nicht genug. Herr Hundstorfer hatte noch ein weiteres Paket in seinem Geschenkskorb für die Wirtschaft: Den zwölf-Stunden-Tag. Bisher war es laut dem Arbeitsgesetz möglich, dass bei einem sogenannten „vorübergehend auftretendem besonderem Arbeitsbedarf (…) zur Verhinderung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils“[4], d.h. in klaren Worten immer dann, wenn man sich gegenüber der Konkurrenz behaupten möchte, für zwölf Wochen im Jahr 60 Stunden pro Woche, d.h. 12 Stunden pro Tag, zu arbeiten. Um diese Regelung durchsetzen zu können, musste eine wirtschaftliche Notwendigkeit bestehen, die auch vom Arbeitsinspektorat geprüft werden musste. Doch auch diese Regelungen wurden zu Gunsten der Unternehmer weiter aufgeweicht. Künftig wird es möglich sein ohne Auflagen 24 (!) Wochen pro Jahr 12 Stunden pro Tag zu arbeiten.
Dieser faule Deal zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftskammer ist ein Deal im Interesse der Unternehmer. Nach der Zustimmung der Gewerkschaft zum Regierungsprogramm auf dem 16. ÖGB-Kongress hat die Gewerkschaftsbürokratie nun auch in der Praxis erneut bewiesen, dass sie Agenten des Neoliberalismus innerhalb der ArbeiterInnennbewegung sind. Kein Wunder, dass der millionenschwere Kapitalist und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein Grund zur Freude hat, nachdem ihm der Entwurf vorgelegt wurde. Auch die Industriellenvereinigung freut sich – aber will noch weitergehen und „so hartnäckig wie bisher bleiben“ [5][6]. Doch auch die SPÖ dürfte durchaus erfreut sein, dass diese Regelungen so schnell über den Tisch gebracht wurden, waren sie doch von Anfang an Bestandteil des Regierungsprogramms zwischen SPÖ und ÖVP., so der Präsident der Industriellenvereinigung Veit Sorger
Hinter dieser Regelung steckt der Drang des Kapitalismus nach mehr Profit und daher nach erhöhter Auspressung der Lohnabhängigen. Nur wenn ArbeiterInnen länger beschäftigt werden und die Löhne in Verhältnis dazu nicht steigen, ist es möglich Kosten beim Personal zu sparen und so die Gewinnspanne für Produkte oder Dienstleistungen zu erhöhen. Gerade im jetzigen stagnierenden Stadium des Kapitalismus, in dem die Reserven der Unternehmen immer geringer werden und dadurch die Konkurrenz steigt, ist es notwendig für die Bourgeoisie (die Kapitalisten, Unternehmer) den Grad der Ausbeutung noch weiter zu verschärfen. Die neue „sozialdemokratische“ Regierung beweist, dass es illusionär ist, das System des Kapitalismus in diesem Vorhaben zügeln zu können. Um langfristige Verbesserungen zu erzielen, brauchen wir eine Revolution der Lohnabhängigen und der Jugendlichen. Der technische Fortschritt der Produktionsmittel (Maschinen, etc.) macht es möglich, Wohlstand für alle und nicht nur für eine verschwindend kleine Minderheit zu schaffen, die nur reich ist, weil andere arm sind. Deshalb kämpfen wir von REVOLUTION für eine sozialistische Revolution, in der die Unternehmer enteignet werden und der gesellschaftliche Reichtum auf alle aufgeteilt wird. Als Jugendliche werden wir wie ArbeiterInnen unterdrückt und ausgebeutet. Ob in der Schule oder in der Lehrstelle – wir haben nichts mitzureden. Unsere Solidarität auf allen Ebenen gilt deshalb all jenen, die ebenfalls unterdrückt und ausgebeutet werden und gegen diese System und seine Konsequenzen kämpfen. Leider haben sich diverse Parteien und etablierten Jugendorganisationen als unfähig erwiesen, konsequent gegen den Kapitalismus zu kämpfen. Deshalb wollen wir eine neue, revolutionäre Jugendorganisation und Jugendinternationale und internationale Partei aufbauen, die in Österreich und weltweit für die Interessen der unterdrückten Schichten und Völker eintritt und für einen Sturz des Kapitalismus kämpft!
ONE SOLUTION – REVOLUTION!
[1] Die Presse, PRINTAUSGABE, 04.05.2007
[2] http://www.orf.at/070504-11919/11904txt_story.html
[3] http://www.arbeiterkammer.at/pictures/d37/Frauen_Bericht.pdf
[4] siehe §7 Abs. 4 Arbeitszeitgesetz (http://www.bmwa.gv.at/NR/rdonlyres/0F5ADF51-58E5-49F6-A84B-23A0DFE259D8/0/Arbeitszeitgesetzbis1042007.pdf)
[5] http://www.industriellenvereinigung.at/open/all/beitrag_ms.php?id=603
[6] Veit Sorger ist übrigens auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der Mondi Packaging AG und der Mondi Business Paper Holding AG. Dies ist jenes Unternehmen, das einen harten Kampf gegen slowakische ArbeiterInnen führte, die sich gegen die schlechten Arbeitsbedingungen zur Wehr setzten und eine unabhängige Gewerkschaft gründeten. Die SprecherInnen der Gewerkschaft wurden schlicht und einfach gekündigt. Der ArbeiterInnenstandpunkt hat damals darüber berichtet – mehr dazu siehe Red Newsletter 132 (http://www.arbeiterinnenstandpunkt.net/alt/rn132.html) und ArbeiterInnenstandpunkt Nr. 137, Seite 13 (http://www.arbeiterinnenstandpunkt.net/alt/pdf/ASt-137.pdf)
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