Faschistische Übergriffe - wie dagegen vorgehen?

Donnerstag, den 17. Juni 2010 um 11:38 Uhr
Drucken


Share

Seit den vergangenen Monaten gibt es verstärkt dreiste Angriffe von Neonazis auf verschiedenste linke Aktionen. Diese Angriffe lassen auf ein selbstbewussteres Auftreten der rechtsextremen Szene schließen was auch nicht überraschend ist wenn man sich das Verhalten der Polizei, des Staates und der Parteien ansieht. So war das Verhalten der Polizei auf der Demonstration gegen den WKR-Ball ein klares Zeichen dafür, auf wessen Seite der bürgerliche Polizeiapparat wirklich steht. Für uns als revolutionäre Jugendorganisation und klare AntifaschistInnen gilt es diese Angriffe der Rechten zu analysieren und uns die Frage zu stellen wie denn eine klare antifaschistische Praxis konkret aussieht.

 

Nazi Angriff in Wiener Neustadt am 12. März

 

Am 12. März 2010 fand eine rechtsextreme Kundgebung der FPÖ in Wiener Neustadt statt. Selbstverständlich gab es eine linke Gegenkundgebung und auch eine kleine Spontandemo. Eine Gruppe von rund 40 Personen machte sich schließlich gemeinsam auf den Weg zurück zum Bahnhof, unterwegs wurden sie von circa 20 Neonazis attackiert. Drei migrantische Gewerkschafter wurden angegriffen, als die Polizei ankam wurde ein migrantischer Kollege verhaftet, die Nazis kamen ungeschoren davon, und die Polizei behauptete obendrein noch, dass die Nazis überfallen worden wären.

 

Angriff auf die Amerlinghaus-bleibt-Kundgebung am 23. April

 

Da die Subventionen der Stadt Wien für das Amerlinghaus nicht erhöht werden sollen – was in der gegenwärtigen Situation einer Aufforderung zur Schließung gleichkommt – gab es in letzter Zeit Kundgebungen diverser Gruppen aus dem Amerlinghaus um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Ganz in der Nähe fand die Wahlkampfabschlussveranstaltung von Barbara Rosenkranz statt. 15-20 Neo-Nazis, die wahrscheinlich von dieser Kundgebung kamen attackierten die Amerlinghauskundgebung, zogen sich kurzfristig zurück als die Polizei kam, versuchten jedoch noch einen weiteren Angriff als die Kundgebung beinahe fertig abgebaut war.

 

Angriff auf Mitglieder des Funke am 23. Mai

 

Der Funke, der sich als eine marxistische Strömung innerhalb der Sozialdemokratie versteht, veranstaltet jährlich das Funke Pfingstseminar welches heuer unter dem Motto „Wir lernen im Vorwärts gehen“ veranstaltet wurde und auch von zwei Mitgliedern von REVOLUTION besucht wurde. Am vorletzten Tag des Seminars kam es jedoch zu einem Angriff von Faschisten auf zwei Mitglieder des Funke, die in dem Dorf Zigaretten kaufen waren. Nach der Rückkehr der verletzten Genossen war unter Teilen des Funke nicht ganz klar, wie man reagieren sollte. Wir von REVOLUTION denken, dass es notwendig gewesen wäre ein organisiertes Vorgehen zu treffen und spätestens ab diesem Zeitpunkt Maßnahmen zu setzen um das Camp und die AktivistInnen vor der faschistischen Gefahr zu schützen. Dieser Angriff auf linke AktivistInnen des Funke ist nur ein weiteres Beispiel in einer immer länger werdenden Liste von rechtsextremen Übergriffen auf linke Jugendliche und AktivistInnen.

 

Was ist Faschismus?

 

All diese Beispiele zeigen klar auf, dass sich die Situation in Bezug auf faschistische Kräfte in ganz Österreich zunehmend verschärft, oft gefördert von der rassistischen Hetze der FPÖ. Doch wie soll man gegen Faschismus vorgehen? Um diese Frage zu beantworten sollte man sich erst einmal im Klaren darüber sein, was Faschismus überhaupt ist. Gerade die bürgerliche1 Ideologie tut sich bei einer Charakterisierung schwer, was dazu führt, dass der Faschismus schlichtweg als ein repressives System, eine Diktatur, oder gar ein totalitäres System angesehen wird. Auf Grund dieser oberflächlichen Anschauung fällt es vielen dann auch nicht schwer den Stalinismus2 mit Faschismus gleich zu setzen. Zur Abgrenzung wird besten Falls gesagt, im Faschismus sei totalitäre Diktatur gepaart mit Nationalismus und Rassismus. Hierbei sei jedoch angemerkt, dass es auch nicht zutreffend ist einen vehementen Nationalismus und Rassismus schon mit Faschismus gleichzusetzen, wie es die Linkswende beispielsweise bei der Charakterisierung der FPÖ macht.

 

Der Faschismus ist vor allem eine Bewegung die sich hauptsächlich aus den Reihen des frustrierten Kleinbürgertums, der Mittelschicht und des Lumpenproletariats3 bildet. Kleine Unternehmen geraten unter die Räder der Konkurrenz des Großkapitals, die kapitalistische Krise raubt der Mittelschicht ihre Privilegien und hält das Lumpenproletariat in sozialem Elend.

Die etablierten konservativen, liberalen oder sozialdemokratischen Parteien erweisen sich als Unfähig die Interessen dieser Schichten und Klassen zu verteidigen, die bürgerliche Demokratie wird als inkonsequentes Hindernis angesehen.

Der Faschismus organisiert diese reaktionären Elemente der Gesellschaft. Er verwischt die unterschiedlichen Klasseninteressen innerhalb der Gesellschaft und propagiert statt dessen die angeblichen einheitlichen Interessen des Volkes, die in letzter Instanz jene der herrschenden Klasse, also der Bourgeoisie sind.

Somit ist der Faschismus eine reaktionäre Bewegung die im Interesse des Kapitals versucht den Parlamentarismus und demokratische Grundrechte auszuschalten, und die organisierte ArbeiterInnenklasse zu zerschlagen.

Das passiert nicht über Wahlen und das Parlament sondern in erster Linie durch die Mobilisierung reaktionärer Teile von Polizei und Militär, paramilitärischen Einheiten, und Schlägertrupps.

Die Geschichte hat gezeigt, dass die in Not geratene Bourgeoisie vom Faschismus profitiert und zumindest Teile der herrschenden Klasse faschistische Organisationen finanziell förderten. Die Geschichte hat auch gezeigt, dass der bürgerliche Staatsappart – als Herrschaftsinstrument der Bourgeoisie – nicht konsequent gegen den Faschismus vorgehen wird, sondern eher sogar gegen die ArbeiterInnenbewegung.

 

Wie müssen wir also gegen den Faschismus vorgehen?

 

Zuerst einmal müssen wir festhalten, dass nur die revolutionär organisierte ArbeiterInnenklasse im Stande ist den Faschismus aufzuhalten. Da wir uns der Gefahr des Faschismus bewusst sind, müssen wir versuchen solche Bewegungen schon im Keim zu ersticken. Das bedeutet kämpferisches und starkes Auftreten gegen rassistische und faschistische Hetze. Zum Beispiel müssen Kundgebungen blockieren und wenn möglich auflösen wenn sie eine solche Hetze betreiben, um zu verhindern, dass sich eine solche Ideologie in der Öffentlichkeit verbreiten kann und solche Kräfte an Selbstbewusstsein gewinnen.

Des weiteren muss die ArbeiterInnenbewegung stark und organisiert für ihre Interessen auch auf der Straße auftreten. Dafür benötigen wir die größtmögliche Einheit aller fortschrittlicher Kräfte. Wir benötigen eine starke Einheitsfront um die faschistische Gefahr zu bannen! Doch sollte man sich nicht die Illusion machen, dass es ausreichend wäre nur die Massen zu mobilisieren. Der Faschismus schreckt nicht vor Gewalt zurück, er zielt sogar darauf ab demokratische Einrichtungen und ArbeiterInnenorganisationen mit Gewalt zu zerschlagen. Dem kann man nur mit Gewalt entgegnen. Deswegen benötigt die ArbeiterInnenbewegung und die Jugend Selbstverteidigungskomitees um sich gegen faschistische Gewalt zur Wehr setzen zu können.

 

Deswegen versuchen wir von der Jugendorganisation REVOLUTION durch Massenmobilisierungen rassistische Kundgebungen zu stören, stellen bei Mobilisierungen zu Camps, etc. Nachtwachen zur Verteidigung vor Übergriffen auf und treten für Selbstverteidigungskomitees in allen Stadtvierteln ein.

 

Letzten Endes bedeutet der Kampf gegen Faschismus aber auch den Kampf gegen den Kapitalismus selbst. Das niedergehende kapitalistische System bildet den Nährboden für Faschismus und Reaktion und nur die organisierte ArbeiterInnenklasse ist im Stande dem entgegenzutreten. Der Sieg gegen den Faschismus heißt soziale Revolution!

1Bürgertum, Bourgeoisie: KapitalistInnenklasse; besitzen Produktionsmittel wie Maschinen, Fabriken, Kapital, Grund und Boden, etc.

2Stalinismus: Bürokratische Degeneration eines ArbeiterInnenstaats. Geht zurück auf die Machteroberung von Josef Stalin in der Sowjetunion in den 1920er- Jahren.

3Lumpenproletariat: Bettler, Straßenmusiker, Obdachlose; Schicht des Proletariats, die aus dem Produktionsprozess ausgeschlossen ist.



Auf ihren sozialen Netzwerken verbeiten
| Mehr...
Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, den 17. Juni 2010 um 11:57 Uhr