Am 17. Mai versuchten Rechtsradikale aus ganz Europa unter dem Banner der Identitären in Wien aufzumarschieren. Etwa 700 fortschrittliche Aktivist_innen und auch wir von REVOLUTION konnten die Hetzdemonstration der Rechten erfolgreich verzögern und stören. Nur durch massive Polizeigewalt gegen Blockierende und unbeteiligte Passant_innen, mindestens 24 Verhaftungen und Schlagstock-, Pfefferspray und Hundestaffel-Einsatz konnte die Wiener Polizei den Weg für die etwa 120 Rechten freiprügeln. Die Identitären sind eine radikal rassistische Gruppe in der „Neuen Rechten“, in der sich Aktivist_innen aus Neonazikreisen, Burschenschaften und frauenfeindlichen Anti-Abtreibungsgruppen zusammenfinden. Unter ihrem Banner konnten erstmals seit Jahren wieder bekannte Neonazis durch Wien ziehen.
Die „Identitäre Bewegung“ hat ihre Wurzeln in Frankreich, wo sie erstmals mit einer rassistischen Aktion auffielen, als sie eine Moschee in Pointiers besetzten und das Erbe von Karl Martell, der im 8. Jahrhundert militärische Erfolge gegen die (muslimischen) Mauren erzielte, beschworen. Viele der identitären Aktivist_innen in Deutschland wiederum kommen direkt aus Neonazi-Zusammenhängen. Neben einer pseudo-intellektuellen Hetzer_innengruppe, die mit den Aushängeschildern der „Neuen Rechten“ eng zusammenarbeitet, funktionieren sie auch als gemeinsames Banner für (teilweise in der Vergangenheit verbotene) Rechtsradikale und Faschist_innen, die eine neue politische Heimat suchen. In Österreich hat die Gruppe vor allem mit Aktionen gegen Flüchtlinge (als diese in der Votivkirche im Hungerstreik waren) und Flüchtlingshelfer_innen (unter dem Titel „Toleranz wegbassen“) von sich reden gemacht, sie protestierten auch für die „Stärkung der Festung Europa“ nachdem vor Lampedusa etwa 300 Flüchtlinge ertranken. Die Identitären, die durchaus Schnittmengen mit faschistischem Gedankengut und bekannten Rechtsradikalen haben, sind vor allem radikale Rassist_innen, die einen neuen Rechtradikalismus in die Gesellschaft tragen wollen. Wohin das führt sieht man in Frankreich, wo die „Generation Identitaire“ im Vergleich am stärksten ist und Kampfsport-Trainings durchführt um anschließend mit identitären Patrouillen Migrant_innen und Linke zu terrorisieren.
Die Demonstration in Wien, zu der auch Identitäre aus Deutschland, Frankreich und möglicherweise auch aus Italien und Tschechien gekommen waren, hatte das Motto „Unser Europa ist nicht ihre Union“. Der völkische Zugang, der auch in der Forderung nach einem „Europa der Völker und Nationen“ steckt, ist eine der politischen Grundsäulen der „IB“. Tatsächlich ging es ihnen bei der Demonstration aber um zwei Sachen. Erstens eine Machtdemonstration durchzuführen, ein Zeichen zu setzen, dass sie nicht nur ein Haufen Aktivist_innen sind, sondern tatsächlich eine Gefahr darstellen beziehungsweise eine Kraft sind, mit der gerechnet werden muss. Dieser Zugang, ein Klima der Einschüchterung zu produzieren, steht auch hinter anderen Aktionen der Identitären, wie wenn Drohungen verschickt werden oder antifaschistische Aktivist_innen mit Namen und Adressen „geoutet“ werden. Zweitens ging es darum, eine Maske zu schaffen, hinter der sich Rechtsradikale und Faschist_innen verstecken können. So werden Faschist_innen, die in Wien offen demonstrieren, zu einer harmlosen Kraft umgedeutet, die toleriert werden soll – statt gegen sie wird gegen Antifaschist_innen vorgegangen.
Die Gegenaktionen, an denen sich auch REVOLUTION beteiligt hat, waren laut und kämpferisch. Schon vor der Demonstration, die die Mariahilferstraße hinunterging, gelang es uns trotz Angriffen der Polizei den Antreteplatz des rechten Aufmarsches zu blockieren und zu verhindern, dass die Identitären die angemeldete Route laufen konnten. Stattdessen wurden sie, mit massiver Verzögerung, über die Burggasse geführt, wo einige kleinere Blockaden trotz heftiger Polizeigewalt den Aufmarsch weiter störten. Am Volkstheater schließlich gelang es der Demonstration, eine Massenblockade vor den identitären Aufmarsch zu setzen, der von der Polizei schließlich in die U-Bahn und zum Rathaus eskortiert werden musste. Auch wenn die rechtsradikale Demonstration letztendlich stattfinden konnte, war es ein voller Erfolg, dass sie durch massenhafte und militante Aktionen so weit gestört werden konnte!
Die Polizei zeigte einmal mehr offen ihr Gesicht – nicht nur als Beschützer_innen des kapitalistischen Alltagswahnsinns, die gegen Streiks und Aufstände vorgehen, sondern auch als bewaffneter Arm eines Systems, das gerne bereit ist, Rechtsradikale zu integrieren und deren zentrale Forderungen, zum Beispiel bei der Abschiebung von Flüchtlingen, auch durchsetzt. Es kam zu Gewaltexzessen und Pfefferspray-Einsätzen auf der Burggasse und am Volkstheater, auch gegen unbeteiligte Passant_innen. Bei den mindestens 34 Verhaftungen wurde massive Gewalt auch gegen bereits Gefesselte angewandt, Journalist_innen mit Hunden angegriffen und solidarische Demonstrant_innen, die die Gewalt filmten wurden weggestoßen. Es wurde eine Gewerkschafterin das Bein gebrochen und eine schwangere Frau von der Polizei attackiert, auch darüber hinaus gab es mehrere Verletzte auf Seiten der Demonstrant_innen, nicht Wenige mussten mit der Rettung abtransportiert werden. Mit dieser Gewaltorgie zeigten die Polizei und ihr Polizeipräsident Pürstl, der schon bei den Akademikerballdemonstrationen nach noch mehr Gewalt gerufen hatte, auf welcher Seite sie stehen!
Nach dem Erfolg am 17. Mai muss der Widerstand gegen rechtsradikale Umtriebe und Polizeigewalt weitergehen. Vor allem den Exzess aus Gewalt und Verhaftungen werden wir ebenso wenig akzeptieren wie den nächsten rechten Aufmarsch, den Burschenschaften am 4. Juni durchführen wollen. Wir werden uns den Rechtsradikalen entgegenstellen, wo immer sie marschieren – aber unser Kampf muss über einzelne Demonstrationen und Blockaden hinausgehen. Um Faschismus, Rassismus und Rechtsradikalismus die soziale Grundlage zu entziehen müssen wir auch gegen das System kämpfen, das Faschist_innen (wie in der Ukraine) bereitwillig unterstützt und eine Situation der Ausbeutung und Unterdrückung schafft, die der Saat der Rechten einen fruchtbaren Boden bietet. Gegen die rechten Umtriebe aus vom Abstieg bedrohten Kleinbürger_innen und Jugendlichen, die keine Zukunft für sich sehen, müssen wir eine kämpferische, antikapitalistische Bewegung der Arbeiter_innen, Jugendlichen und Unterdrückten organisieren!
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