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Protest gegen Burschenschaften: Erfolgreich gegen den Phantomaufmarsch

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Zwischen 1500 und 2000 Antifaschist_innen waren am 4. Juni auf der Straße, um dem geplanten Aufmarsch deutschnationaler Burschenschaften lautstarken und kämpferischen Protest entgegenzustellen. Mit Slogans wie „Rassistisch, Sexistisch, Ekelhaft – Das ist die Deutsche Burschenschaft“ (Die „DB“ ist der übergreifende Verband deutschnationaler Burschenschafter in Österreich und Deutschland) zogen wir durch Wien, begleitet von mehreren Hundert Polizist_innen in voller Rüstung. Der geplante Aufmarsch, mit dem eine Tarnorganisation der rechtsradikalen „Olympia“, die „Forschungsgesellschaft Revolutionsjahr 1848“ versuchte die historische Rolle ihrer Organisationen als Freiheitskämpfer umzudeuten, stellte sich als Phantom, als bewusste Täuschung heraus. In Interviews mit den bürgerlichen Medien gaben die Veranstalter_innen zu, ihn nur angemeldet zu haben um ein größeres Polizeiaufgebot gestellt zu bekommen.

 

Die Angaben der Burschenschafter, dies getan zu haben um die „persönliche Sicherheit“ der Teilnehmer_innen zu wahren, ist auf zwei Arten verlogen. Erstens sind es gerade die Rechtsradikalen, die nach großen Demonstrationen fordern, dass fortschrittliche Aktivist_innen die Kosten „ihres“ Polizeieinsatzes (auf den wir selbstverständlich gerne verzichten würden) zu tragen beziehungsweise werfen sie ihnen vor, Steuergelder zu verschwenden. Zweitens sind die Burschenschaften bestens mit der Politik und der Polizeiführung vernetzt, und können sich Polizeiaufgebote ihrer Wahl quasi ins Haus bestellen. Vielmehr ging es ihnen darum, mit einer unrealistisch groß angekündigten Demonstration (die geschätzten 500 Burschenschafter sind schon am Akademikerball schwer zusammenzutrommeln) Blockadeversuche zu provozieren – und Polizeigewalt gegen Antifaschist*innen zu rechtfertigen.

Es war wichtig für fortschrittliche Aktivist*innen, gegen einen Aufmarsch wie dem Geplanten effektiven Widerstand zu organisieren. Die Versuche der Burschenschafter, sich als Freiheitskämpfer in der bürgerlichen Revolution 1848 statt als führende Mitkämpfer des NS-Regimes darzustellen, hatten zwei Gründe. Es ging natürlich darum, ihren Einsatz 1848 als saubere und fortschrittliche Tradition darzustellen, der aber von Antisemitismus, Deutschtümelei und dem Verrat der Bürgerlichen an den ebenfalls revoltierenden Arbeiter_innen geprägt waren. Und es ging darum, einen „unverdächtigen“ Vorwand zu schaffen, unter dem Faschist_innen, Frauenfeind_innen, Rechtsradikale und militante Rassist_innen offen und unkritisiert aufmarschieren können. Einen ähnlichen Hintergedanken hatte auch die Demonstration der rechtsradikalen Identitären (deren Kernaktivist_innen fast ausschließlich aus dem Burschenschafter-Spektrum kommen) unter der Maske einer EU-Kritik. Aber egal wie sich tarnen, Nazis dürfen auf unseren Straßen nicht marschieren – und wir werden sie, wo wir können, daran hindern.

Die Demonstration selbst war ein voller Erfolg, dass ungefähr doppelt so viele Menschen als gegen die „identitäre“ Demonstration auf die Straße gingen, lag nicht nur am guten Wetter. Antifaschistische Organisationen können sich offensichtlich immer mehr unter der jungen Bevölkerung verankern und sie motivieren, tatsächlich gegen Rechtsradikale zu kämpfen. Trotzdem war das Aktionskonzept und auch die Organisation der Linken nicht stark genug, um das Burschenschafteraufmarsch und dem massiven Polizeiaufgebot überwinden, die geplante Demonstration verhindern zu können. Ein Blockadekonzept, dass auf Massenblockaden und nicht auf Kleingruppenaktionen ausgelegt war, fehlte und hätte nicht erfolgreich durchgezogen werden können. Ohne Massenaktionen kann der Faschismus aber früher oder später nicht gestoppt werden – und so bewundernswert kleine Aktionen auch sind, so schließen sie oft junge, unerfahrene und unsicherere Aktivist_innen aus, enden selten mit dem Erfolg sondern mit dem Wissen, etwas getan zu haben. Es reicht aber nicht aus, Zeichen zu setzen und persönliche Heldengeschichten zu schreiben, wenn Faschist_innen und Rechtsradikale mit einer Massenbasis gegen Arbeiter_innen, Migrant_innen und andere Feindbilder vorgehen.

Darum sagen wir: Es war ein guter erster Schritt, eine starke Mobilisierung und ein Erfolg, den wir am 4. Juni auf die Beine gestellt haben. Aber die nächsten Schritte müssen unmittelbar folgen.Wir müssen antifaschistische Aktionskomitee in den Betrieben und Stadtteilen, in Schulen und Studienrichtungen aufbauen, die mit einer echten Verankerung den Kampf gegen Faschismus und Rassismus vor Ort führen und Massenmobilisierungen möglich machen. Auch reicht es nicht aus, die offenen Faschist_innen und radikalen Rassist_innen zu bekämpfen, ihrer sozialen Grundlage, dem Ausbeutungssystem des Kapitalismus und der zunehmenden Verelendung muss der Boden entzogen werden. Denn wenn wir vom Faschismus sprechen wollen, dürfen wir vom Kapitalismus nicht schweigen. Wir rufen alle Aktivist_innen, Interessierten und Organisationen auf, den Aufbau solcher Aktionskomitees mit uns zu diskutieren und zu organisieren, an effektiven Aktionsformen und erfolgreichen Protesten (zum Beispiel im Rahmen der „Offensive Gegen Rechts“) zu arbeiten.

Den Erfolgen antifaschistischer Proteste in den letzten Monaten und Jahren folgte auch eine enorme Welle an Repression und Polizeigewalt gegenüber Antifaschist_innen und mediale Hetze gegenüber Aktivist_innen. Sei es bei den Protesten gegen den Akademikerball oder der Demo gegen die Identitären wir haben den Staat immer häufiger seinen Knüppel gegen Demonstrant_innen und Linke schwingen sehen. Gerade das Wiederaufleben alter Paragraphen wie Landfriedensbruch um Aktivist_innen zu kriminalisieren ist mehr als besorgniserregend und muss mit Widerstand und Solidarität gegenüber den von Repression betroffenen Aktivist_innen wie zB Josef der seit über 5 Monaten in Haft ist und am 6.4 seinen Prozessbeginn hat, beantwortet werden. Freiheit für Josef, Antifaschismus ist kein Verbrechen!

No pasaron – Sie sind nicht durchgekommen!



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Zuletzt aktualisiert am Freitag, den 06. Juni 2014 um 12:35 Uhr  

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